Isabel & Christian Dietz

Mystery - Fledermäuse


Myotis mystacinus ohne Ohrmuscheln Viele Fledermausarten lassen sich mit etwas Erfahrung schnell und zuverlässig bestimmen. Bei einigen der Zwillingsarten muss man dagegen schon sehr genau hinschauen. Besonders schwierig wird es, wenn wichtige Merkmale fehlen, z.B. weil die Ohren stark deformiert sind (wie bei der Bartfledermaus Myotis mystacinus links) oder weil Merkmalskombinationen auftreten, die so eigentlich nicht sein dürften...
Hier eine Auswahl von Fledermäusen mit unüblichen oder verwirrenden Merkmalen:

Die Mystery-Tiere

Pipistrellus pipistrellus / Pipistrellus pygmaeus

Pipistrellus spec penis.jpg
Penis einer Zwergfledermaus (Pipistrellus cf. pipistrellus) aus Marokko.
Dieses Foto (links) stammt aus einer Oase in Marokko an der Südseite des Anti-Atlas-Gebirges. Es zeigt den Penis einer Fledermaus aus der Pipistrellus pipistrellus-Gruppe. In Europa kann man die Männchen der beiden sehr ähnlichen Arten Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) und Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus) zuverlässig an der Färbung ihres Penis unterscheiden (siehe Bilder unten). In Marokko haben wir über einem Wasserbecken drei männliche Pipistrellus gefangen: zwei mit der für Europa typischen Penisfärbung der Mückenfledermaus und eines mit typischer Zwergfledermaus-Färbung. Eine genetische Untersuchung erbrachte aber, dass alle drei Tiere den gleichen Haplotyp zeigten und der nordwest-afrikanischen Linie von Pipistrellus pipistrellus zuzuordnen waren.
Anscheinend treten zumindest in den marokkanischen Populationen der Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus s.str.) Tiere mit Penismerkmalen auf, die den europäischen Pipistrellus pygmaeus ähneln.
Pipistrellus pipistrellus Penis
Typischer Penis einer Zwergfledermaus
(Pipistrellus pipistrellus) aus Europa.
Pipistrellus pygmaeus Penis
Typischer Penis einer Mückenfledermaus
(Pipistrellus pygmaeus) aus Europa.

Plecotus auritus / Plecotus macrobullaris

Plecotus auritus chin spot
Ungewöhnliche Unterlippenfärbung eines Braunen Langohrs (Plecotus auritus)
aus Slowenien.
Das Foto links zeigt das Gesicht einer Langohrfledermaus (Plecotus), die wir vor einer Schwärmhöhle in den Slowenischen Alpen gefangen haben. Hier kommen Braunes (Plecotus auritus) und Alpenlangohr (Plecotus macrobullaris) gemeinsam vor. Das Vorhandensein eines dreieckig nach unten ausgezogenen glatten Feldes am Kinn bzw. der Unterlippe ist eines der Erkennungsmerkmale des Alpenlangohrs. Das Tier links hat eine kleinen braunen Fleck unterhalb des bogig begrenzten Unterlippenfeldes, was auf den ersten Blick dieses dreieckige Feld antäuscht. Dennoch handelt es sich um ein Braunes Langohr.
Plecotus auritus chin
Typische 
Unterlippenfärbung eines Braunen Langohrs (Plecotus auritus)
aus Süddeutschland.
Plecotus macrobullaris chin
Typische 
Unterlippenfärbung eines Alpenlangohrs (Plecotus macrobullaris)
aus Slowenien.

Plecotus christii / Plecotus macrobullaris
Plecotus christii Penis dünn
Ungewöhnlich schmaler Penis eines jungen Wüstenlangohrs (Plecotus christii)
aus dem Sinai.
Im Nahen Osten kommen nach derzeitigem Kenntnisstand nur zwei Langohrarten vor: das Alpenlangohr (Plecotus macrobullaris) und das Wüstenlangohr (Plecotus christii). Da beide Arten bis vor Kurzem zum in Europa vorkommenden Grauen Langohr (Plecotus austriacus) gezählt wurden, ist die Verbreitung erst ungenügend bekannt. Das Alpenlangohr ist vom Kaukasus nach Süden bis Israel und Palästina verbreiten, kommt vielleicht auch in Jordanien vor. Das Wüstenlangohr kommt von der östlichen Sahara über Ägypten und den Sinai bis nach Israel und Jordanien vor. Beide Arten sind an der Färbung gut zu unterscheiden, bei Männchen ist auch die Form des Penis meist eindeutig: Alpenlangohren haben einen parallseitigen, am Ende zugespitzen Penis, Wüstenlangohren einen breit eiförmigen Penis. Allerdings schein dies bei Jungtieren noch nicht der Fall zu sein, das links abgebildete erst seit wenigen Tagen selbstständige Jungmännchen zeigte einen Penis der eher an ein Alpenlangohr erinnert. Genetische Vergleiche bestätigen aber was auch andere Körpermerkmale zeigten: es handelt sich um ein eindeutiges Wüstenlangohr (Plecotus christii).
Plecotus christii Penis
Typischer breit eiförmiger Penis eines mehrjährigen Wüstenlangohrs
(Plecotus christii) aus der Negevwüste.
Plecotus macrobullaris Penis
Typischer schmaler Penis eines mehrjährigen 
Alpenlangohrs
(Plecotus macrobullaris) aus Slowenien.

Myotis myotis / Myotis oxygnathus

Moytis oxygnathus ?
Mögliches Kleinmausohr (Myotis oxygnathus) aus Entringen bei Tübingen.
Mausohr (Myotis myotis) und Kleinmausohr (Myotis oxygnathus) lassen sich zumindest in der Hand nach einer Reihe von Merkmalen gut bestimmen: vor allem die Länge der oberen Zahnreihe liefert meist eindeutige Ergebnisse. Doch hin und wieder gibt es Tiere die widersprüchliche Merkmale zeigen oder wie bei dem links abgebildeten Tier genau im Überschneidungsbereich beider Arten liegen. Dieses Tier stammt aus einer Serie von mehreren Hundert in Südwestdeutschland gefangene Mausohren und erinnert bereits vom Habitus stark an das Kleinmausohr, auch die Messwerte stützen diese Artbestimmung. Da es allerdings bislang keine Nachweise dieser Art aus Deutschland gibt und leider auch genetische Untersuchungen nicht weiterhelfen, bleibt die Artbestimmung nach wie vor offen...


* Anmerkung: Leider müssen wir das Copyright dick auf jedes Bild machen, da es um die Urheberrechte im Internet schlecht bestellt ist. Gerade bei den neuen Arten, von denen kaum jemand Bilder hat, ist die Versuchung für manche sonst einfach zu groß...Wer Bilder ohne den Schriftzug haben will, soll sich einfach bei uns melden...

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