Viele Fledermausarten lassen sich mit etwas Erfahrung schnell und zuverlässig bestimmen. Bei einigen der Zwillingsarten muss man dagegen schon sehr genau hinschauen. Besonders schwierig wird es, wenn wichtige Merkmale fehlen, z.B. weil die Ohren stark deformiert sind (wie bei der Bartfledermaus Myotis mystacinus links) oder weil Merkmalskombinationen auftreten, die so eigentlich nicht sein dürften... |
Pipistrellus pipistrellus / Pipistrellus pygmaeus
Penis einer Zwergfledermaus (Pipistrellus cf. pipistrellus) aus Marokko. |
Dieses Foto (links) stammt
aus einer Oase in Marokko an der Südseite des Anti-Atlas-Gebirges.
Es zeigt den Penis einer Fledermaus aus der Pipistrellus pipistrellus-Gruppe. In Europa kann man die Männchen der beiden sehr ähnlichen Arten Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) und Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus)
zuverlässig an der Färbung ihres Penis unterscheiden (siehe
Bilder unten). In Marokko haben wir über einem Wasserbecken drei
männliche Pipistrellus
gefangen: zwei mit der für Europa typischen Penisfärbung der
Mückenfledermaus und eines mit typischer
Zwergfledermaus-Färbung. Eine genetische Untersuchung erbrachte
aber, dass alle drei Tiere den gleichen Haplotyp zeigten und der
nordwest-afrikanischen Linie von Pipistrellus pipistrellus zuzuordnen
waren. Anscheinend treten zumindest in den marokkanischen Populationen der Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus s.str.) Tiere mit Penismerkmalen auf, die den europäischen Pipistrellus pygmaeus ähneln. |
Typischer Penis einer Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) aus Europa. |
Typischer Penis einer Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus) aus Europa. |
Plecotus auritus / Plecotus macrobullaris
Ungewöhnliche Unterlippenfärbung eines Braunen Langohrs (Plecotus auritus) aus Slowenien. |
Das Foto links zeigt das Gesicht einer Langohrfledermaus (Plecotus), die wir vor einer Schwärmhöhle in den Slowenischen Alpen gefangen haben. Hier kommen Braunes (Plecotus auritus) und Alpenlangohr (Plecotus macrobullaris) gemeinsam vor. Das Vorhandensein eines dreieckig nach unten ausgezogenen glatten Feldes am Kinn bzw. der Unterlippe ist eines der Erkennungsmerkmale des Alpenlangohrs. Das Tier links hat eine kleinen braunen Fleck unterhalb des bogig begrenzten Unterlippenfeldes, was auf den ersten Blick dieses dreieckige Feld antäuscht. Dennoch handelt es sich um ein Braunes Langohr. |
Typische Unterlippenfärbung eines Braunen Langohrs (Plecotus auritus) aus Süddeutschland. |
Typische Unterlippenfärbung eines Alpenlangohrs (Plecotus macrobullaris) aus Slowenien. |
Ungewöhnlich schmaler Penis eines jungen Wüstenlangohrs (Plecotus christii)
aus dem Sinai. |
Im Nahen Osten kommen nach derzeitigem Kenntnisstand nur zwei Langohrarten vor: das Alpenlangohr (Plecotus macrobullaris) und das Wüstenlangohr (Plecotus christii). Da beide Arten bis vor Kurzem zum in Europa vorkommenden Grauen Langohr (Plecotus austriacus) gezählt wurden, ist die Verbreitung erst ungenügend bekannt. Das Alpenlangohr ist vom Kaukasus nach Süden bis Israel und Palästina verbreiten, kommt vielleicht auch in Jordanien vor. Das Wüstenlangohr kommt von der östlichen Sahara über Ägypten und den Sinai bis nach Israel und Jordanien vor. Beide Arten sind an der Färbung gut zu unterscheiden, bei Männchen ist auch die Form des Penis meist eindeutig: Alpenlangohren haben einen parallseitigen, am Ende zugespitzen Penis, Wüstenlangohren einen breit eiförmigen Penis. Allerdings schein dies bei Jungtieren noch nicht der Fall zu sein, das links abgebildete erst seit wenigen Tagen selbstständige Jungmännchen zeigte einen Penis der eher an ein Alpenlangohr erinnert. Genetische Vergleiche bestätigen aber was auch andere Körpermerkmale zeigten: es handelt sich um ein eindeutiges Wüstenlangohr (Plecotus christii). |
Typischer breit eiförmiger Penis eines mehrjährigen Wüstenlangohrs (Plecotus christii) aus der Negevwüste. |
Typischer schmaler Penis eines mehrjährigen Alpenlangohrs (Plecotus macrobullaris) aus Slowenien. |
Myotis myotis / Myotis oxygnathus
Mögliches Kleinmausohr (Myotis oxygnathus) aus Entringen bei Tübingen. |
Mausohr (Myotis myotis) und Kleinmausohr (Myotis oxygnathus) lassen sich zumindest in der Hand nach einer Reihe von Merkmalen gut bestimmen: vor allem die Länge der oberen Zahnreihe liefert meist eindeutige Ergebnisse. Doch hin und wieder gibt es Tiere die widersprüchliche Merkmale zeigen oder wie bei dem links abgebildeten Tier genau im Überschneidungsbereich beider Arten liegen. Dieses Tier stammt aus einer Serie von mehreren Hundert in Südwestdeutschland gefangene Mausohren und erinnert bereits vom Habitus stark an das Kleinmausohr, auch die Messwerte stützen diese Artbestimmung. Da es allerdings bislang keine Nachweise dieser Art aus Deutschland gibt und leider auch genetische Untersuchungen nicht weiterhelfen, bleibt die Artbestimmung nach wie vor offen... |